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25 – Evelyn Brezina: Zerbrichmeinnicht und Löwenzahn

Wer dem Instagramkonto vienna_wheelchair_view folgt, wird sofort feststellen: Das ist Wien aus besonderer Perspektive. Warum, ist rasch erklärt. Die begabte Hobbyfotografin Evelyn Brezina, 45 Jahre jung, sieht die Stadt aus ihrem Rollstuhl heraus, mit dem sie um die Häuser zieht, wenn es das Wetter und ihre Gesundheit erlauben. Und natürlich ihre gute Laune. Denn davon hat die Wienerin, die seit ihrer Kindheit mit Osteogenesis Imperfecta, der Glasknochenkrankheit, lebt, jede Menge.

Derselbe Hof wie gestern, aber wie ich es euch und mir versprochen habe – nach oben schauen. Es ist immer wieder super interessant, diese geometrischen Formen zu entdecken. Irgendwie erinnert mich diese hier an eine Spirale. (Foto: Evelyn Brezina)

Die gute Laune vergeht Evelyn Brezina aber gleich wieder, wenn sie sich über die jüngste Pflegezuschusserhöhung der Bundesregierung ärgert. Zu recht, denn als lebenslustige, mobile und stets neugierige junge Frau hat sie keine Lust auf ein Dasein im Pflegeheim, sondern lebt lieber in ihrer gemütlichen Gemeinewohnung. Natürlich mit zwei einander abwechselnden Vollzeitpflegerinnen aus der nahen Slowakei. Österreichisches Pflegepersonal könnte sie sich schlicht nicht leisten und der nun erhöhte Zuschuss bringt den freundlichen Pflegerinnen gerade mal 14 Cent mehr pro Stunde.

Vergißmeinnicht … auf ein würdevolles Leben für alle!

Bei Apfelschlangl und Kaffee erzählt Evelyn Brezina aus ihrem Leben, worüber sie sich freut, wundert oder schlicht ärgert. Denn es ist in Österreich für zehntausende Menschen, die Vollzeitpflege zuhause in Anspruch nehmen möchten, offenbar nur mit staatlichen Almosen und privater Hilfe möglich, ein Leben in Würde zu führen. Reinhören und entdecken, welch mutiger Geist in diesem zerbrechlichen Körper steckt.

Eine Kaffeejause mit guter Musik aus Wien von monkeymusic – mit Dank an Walter Gröbchen.

Evelyn Brezina, mit guter Laune hinter dem Podcastmikrofon, bleibt an kalten Wintertagen lieber zuhause. Die Knochen mögen die Minusgrade nicht und stattdessen liest sie viel, versorgt ihre beiden Instagramkonten mit Inhalten und ist auch eine zuvorkommend Gastgeberin mit vielen Geschichten auf Lager. (Foto: Privat)

Links zur Episode:

Die Instagramkonten von Evelyn Brezina:
vienna_wheelchair_view
Evelyn Brezina

Evelyn Brezina hat auch ein Buch verfasst. Ihre Autobiographie „Zerbrichmeinnicht und Löwenzahn“, 2008 erschienen bei novum publishing, ist nach wie vor erhältlich und ein Bändchen, das nach dieser Podcastepisode zur Pflichtlektüre wird. Persönlich und dennoch kurzweilig erzählt die Autorin über die Veränderungen in ihrem Leben und wie sie es mit ihrem inneren „Löwenzahn“ bis heute mutig anpackt.

Zerbrichmeinnicht und Löwenzahn

Über das Buch:
Nach einem Beinbruch diagnostizieren die Ärzte bei Evelyn die Glasknochenkrankheit Osteogenesis Imperfecta . Obwohl sie sich aufgrund immer wieder auftretender Knochenbrüche zahlreichen Operationen unterziehen muss, verliert sie weder Hoffnung noch Lebenswillen und lässt sich schließlich auch nicht davon abhalten, die Welt vom Rollstuhl aus zu erkunden. Zerbrichmeinnicht und Löwenzahn erzählt auf authentisch Weise den Lebensweg einer Frau, die ihre Behinderung nicht als Makel bedauert, sondern als Herausforderung annimmt.

novum publishing, Taschenbuch 144 Seiten

Die Musiktitel dieser Episode:

Zelda Weber – oblivious / Go!
Februar 2022 monkey.

Plexus Solaire – Blanc / Happy Song
Mai 2022 monkey.

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24 – „Nicht systemrelevant“ – wie der Energiepoker unsere Struktur beschädigt.

Wer im Waldviertel nahe der tschechischen Grenze in der Kleinstadt Gmünd die Textilveredelungsgesellschaft besucht, wird Augen machen: Denn hier verarbeiten rund 40 Mitarbeiter:innen Tag für Tag Stoffe, die das Werk dann nach Wunsch gefärbt, veredelt (z.B. wasserabweisend) oder auf andere Weise aufbereitet verlassen. Seit Beginn der Energiepreiskrise wird hier nur noch in langen Schichten und an weniger Tagen gearbeitet, um den Energieverbrauch zu senken.

Ab 2023 wird die drohende Verzwanzigfachung der Energiekosten (zum Vergleichsjahr 2021) dem Familienbetrieb im Besitz von Thomas Pfeiffer und Veronika Pfeiffer-Gössweiner ernsthaft zusetzen – denn die damit verbundene Preissteigerung werden die Kunden des kleinen Industriebetriebes nicht mittragen und sich etwa in Asien um Alternativen umsehen. Erneuerbare Energiealternativen hingegen lassen sich nicht ohne weiteres am Standort Gmünd nutzen, denn das lässt sich in Wirklichkeit nur langfristig umsetzen.

Nicht zuschauen, sondern agieren

Thomas Pfeiffer ist ein Unternehmer, der Verantwortung übernimmt. Und deswegen auch vor Monaten schon Briefe an Minister:innen und Kammerfunktionäre geschickt hat, um auf die untragbare Bedrohung der heimischen Unternehmen hinzuweisen. Immerhin: Bis ins ORF-Magazin ECO und die ZeitImBild hat er es damit geschafft, aber geschehen ist bislang nichts.

Warum schläft die Politik? Warum melden sich viele andere Unternehmer:innen nicht ebenso lautstark zu Wort? Wer verdient wirklich am Energiepoker? Das Waldviertler Unternehmerehepaar und Produktionsleiter Erich Schober sprechen offen darüber in dieser Episode.

Der Waldviertler Textilveredelungsbetrieb ist typisch für die weit verbreitete österreichische Kleinindustrie, die sehr wohl „das System“ stützt: Als Arbeitgeber, als Teil der Liefer- und Fertigungsketten und damit der inländischen Wertschöpfung. Hier lassen kleinere heimische Webereien ihre Stoffe aufbereiten, die anschließend etwa zu Funktionskleidung verarbeitet werden können.

Die TVG ist übrigens das Schwesterunternehmen der HERKA Frottier Erzeugung in Kautzen, ebenfalls Waldviertel. Dort produzieren die Pfeiffers als wichtiger, grenzübergreifender Arbeitgeber Handtücher, Bademäntel und vieles mehr aus Biobaumwolle und sogar mit Zero Waste! Wenn ab 2023 bei TVG in Gmünd die Energiepreise voll einschlagen, gefährdet dies auch den Standort Kautzen. Man könnte meinen, den Verantwortlichen ist es egal, wenn wichtige Österreichs Klein- und Mittelbetriebe nach Covid19 wieder „auf der Rasierklinge reiten“.

Links zur Episode:

Ein Beispiel für einen heimischen Abnehmer der Veredelungsleistungen der TVG ist der Kärntner Sportwäscheerzeuger Carinthia – wenn keine Lösung gegen den Energiepoker in Sicht ist, muss dieser Kunde im schlimmsten Fall mit den Veredelungsaufgaben ins Ausland ausweichen, dadurch mehr Ressourcen verbrauchen, sich auf wackelige Lieferketten einlassen, die Preise ebenfalls anheben oder Produktlinien auflassen. Im Endeffekt schadet das immer … den Menschen. Egal, ob sie Unternehmen leiten oder dort arbeiten.

Der jüngste offene Brief von Thomas Pfeiffer findet sich hier zum Lesen und Nachmachen.

Das Video zum Podcast:

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23 – Daniel Landau über Langeweile, Lichtermeer und Engagement.

Falls nun jemand meint, meinem Gast Daniel Landau sei je langweilig, dann kann ich zur Beruhigung anmerken: ihm sicher nie! Denn der gebürtige Wiener, der eine Menge Talente in sich vereint – Lehrer, Gastronom, ansatzweise Politiker, Musiker und Dirigent, um nur einige zu nennen – hat immer wieder den Drang, die Welt ein wenig besser zu machen.

Ob das nun durch sein Kulturcafé Tachles im 2. Bezirk geschieht, durch den persönlichen politischen Einsatz oder einfach das spontan organisierte Lichtermeer am 19. Dezember 2021 (gemeinsam mit dem Innsbrucker Roman Scamoni) Landau ist stets in Bewegung. Trotzdem strahlt der sympathische Mittfünfziger Ruhe und Gelassenheit aus, die in Gesprächen für angenehm gesetzte Aussagen sorgen.

Die spontan organisierte Veranstaltung am Wiener Ring, die unter dem Motto #yeswecare als Gedenken an Österreichs Covid-Opfer und zugleich auch als herzlicher Dank an die vielen Menschen gerichtet war, die sich während Covid-19 für die Gesellschaft in allen möglichen Berufen mit hohem Einsatz und ebensolchem Risiko einsetzen, zog immerhin rund 30.000 Teilnehmer:innen und etwa 40 soziale Organisationen an. Die Lichter flammten in die Dezembernacht und nach nur 10 Minuten war der friedliche Moment auch wieder vorbei.

Die Veranstalter sahen diese Danksagung keineswegs als Kampfansage gegen die nimmermüden rechten Recken, die sich der verunsicherten Menge der Impfgegner:innen bedienen um „wieder da“ zu sein. Doch wurde es vielfach so aufgenommen, denn Netzfunde aus der impf-aversen Fraktion wie „über dieses Scheißlichtermeer wird breit berichtet und von unseren Demos redet kein Mensch“ legen nahe, dass Inklusion und gegenseitiges Verständnis durchaus nicht selbstverständlich sind.

Ungeimpft Österreich Schlägertyp
Gleich wird dem Reporter die Kamera aus der Hand geschlagen. Man beachte den Text auf dem Sweater. Quelle: Twitter Videopost

Langweile kann rasch umschlagen

Die These dieser Folge Aus Gründen: Den Menschen war schon sehr lange politisch eher langweilig, die Reizschwelle kaum noch spürbar, denn Österreichs Mehrheiten hatte ja mit der Regierung Kurz alles bekommen: die verhassten Roten endlich weg, ein junger Startup-Politiker an der Macht, zuerst mit den wiedererstarkten Rechten der FPÖ und dann mit den wohlmeinenden Grünen – so ging’s durch die Zeit von Covid-19, die notgedrungen für das Individuum ein bisschen langweiliger war als früher.

Doch die bloße Ankündigung einer Impfpflicht schien das erlösende Signal zu sein, aus dem Kanon auszubrechen, das von endlosen Streamingabenden und Zoommeetings und Lockdowns erschöpfte Ego auf die Straße zu hetzen und neue Kraft zu sammeln. Egal wofür, Hauptsache mal dagegen. Oder wie man früher gern sagte: Geht’s dem Esel zu gut, geht er auf’s Eis tanzen. Von Eis kann leider keine Rede sein, eher von einem Brand in weiten Teilen der Gesellschaft. Weil Daniel Landau sehr besorgt ist, wird von #yeswecare mit hoher Wahrscheinlichkeit noch einiges zu sehen und zu hören sein. Ich halte ihm die Daumen.

Auch im Jänner geht der #yeswecare Gedanke weiter durch Österreich
Keine ungefährliche Sache, sich dem rechten Kern der Impfgegner-Demos als Journalist:in zu nähern, wie hier am 20. Jänner 2022.

Dazu die Presseaussendung der Landespolizeidirektion Wien:

https://www.polizei.gv.at/wien/presse/aussendungen/presse.aspx?prid=43754C7549452B4B5047553D

Mit wie immer feinster Musik des Wiener Labels monkey.music – des Qualitätsanbieter schlechthin für Wiener Pop, Rock & Glam:

Die gespielten Titel der Episode:

Über die Band
Titel: Fiebermesser
Interpreten: NoviSad

Über die Band
Titel: Valiera dieser Wöd
Interpreten: Die Wödmasta