Wer dem Instagramkonto vienna_wheelchair_view folgt, wird sofort feststellen: Das ist Wien aus besonderer Perspektive. Warum, ist rasch erklärt. Die begabte Hobbyfotografin Evelyn Brezina, 45 Jahre jung, sieht die Stadt aus ihrem Rollstuhl heraus, mit dem sie um die Häuser zieht, wenn es das Wetter und ihre Gesundheit erlauben. Und natürlich ihre gute Laune. Denn davon hat die Wienerin, die seit ihrer Kindheit mit Osteogenesis Imperfecta, der Glasknochenkrankheit, lebt, jede Menge.
Die gute Laune vergeht Evelyn Brezina aber gleich wieder, wenn sie sich über die jüngste Pflegezuschusserhöhung der Bundesregierung ärgert. Zu recht, denn als lebenslustige, mobile und stets neugierige junge Frau hat sie keine Lust auf ein Dasein im Pflegeheim, sondern lebt lieber in ihrer gemütlichen Gemeinewohnung. Natürlich mit zwei einander abwechselnden Vollzeitpflegerinnen aus der nahen Slowakei. Österreichisches Pflegepersonal könnte sie sich schlicht nicht leisten und der nun erhöhte Zuschuss bringt den freundlichen Pflegerinnen gerade mal 14 Cent mehr pro Stunde.
Vergißmeinnicht … auf ein würdevolles Leben für alle!
Bei Apfelschlangl und Kaffee erzählt Evelyn Brezina aus ihrem Leben, worüber sie sich freut, wundert oder schlicht ärgert. Denn es ist in Österreich für zehntausende Menschen, die Vollzeitpflege zuhause in Anspruch nehmen möchten, offenbar nur mit staatlichen Almosen und privater Hilfe möglich, ein Leben in Würde zu führen. Reinhören und entdecken, welch mutiger Geist in diesem zerbrechlichen Körper steckt.
Eine Kaffeejause mit guter Musik aus Wien von monkeymusic – mit Dank an Walter Gröbchen.
Evelyn Brezina hat auch ein Buch verfasst. Ihre Autobiographie „Zerbrichmeinnicht und Löwenzahn“, 2008 erschienen bei novum publishing, ist nach wie vor erhältlich und ein Bändchen, das nach dieser Podcastepisode zur Pflichtlektüre wird. Persönlich und dennoch kurzweilig erzählt die Autorin über die Veränderungen in ihrem Leben und wie sie es mit ihrem inneren „Löwenzahn“ bis heute mutig anpackt.
Über das Buch: Nach einem Beinbruch diagnostizieren die Ärzte bei Evelyn die Glasknochenkrankheit Osteogenesis Imperfecta . Obwohl sie sich aufgrund immer wieder auftretender Knochenbrüche zahlreichen Operationen unterziehen muss, verliert sie weder Hoffnung noch Lebenswillen und lässt sich schließlich auch nicht davon abhalten, die Welt vom Rollstuhl aus zu erkunden. Zerbrichmeinnicht und Löwenzahn erzählt auf authentisch Weise den Lebensweg einer Frau, die ihre Behinderung nicht als Makel bedauert, sondern als Herausforderung annimmt.
Wer im Waldviertel nahe der tschechischen Grenze in der Kleinstadt Gmünd die Textilveredelungsgesellschaft besucht, wird Augen machen: Denn hier verarbeiten rund 40 Mitarbeiter:innen Tag für Tag Stoffe, die das Werk dann nach Wunsch gefärbt, veredelt (z.B. wasserabweisend) oder auf andere Weise aufbereitet verlassen. Seit Beginn der Energiepreiskrise wird hier nur noch in langen Schichten und an weniger Tagen gearbeitet, um den Energieverbrauch zu senken.
Ab 2023 wird die drohende Verzwanzigfachung der Energiekosten (zum Vergleichsjahr 2021) dem Familienbetrieb im Besitz von Thomas Pfeiffer und Veronika Pfeiffer-Gössweiner ernsthaft zusetzen – denn die damit verbundene Preissteigerung werden die Kunden des kleinen Industriebetriebes nicht mittragen und sich etwa in Asien um Alternativen umsehen. Erneuerbare Energiealternativen hingegen lassen sich nicht ohne weiteres am Standort Gmünd nutzen, denn das lässt sich in Wirklichkeit nur langfristig umsetzen.
Nicht zuschauen, sondern agieren
Thomas Pfeiffer ist ein Unternehmer, der Verantwortung übernimmt. Und deswegen auch vor Monaten schon Briefe an Minister:innen und Kammerfunktionäre geschickt hat, um auf die untragbare Bedrohung der heimischen Unternehmen hinzuweisen. Immerhin: Bis ins ORF-Magazin ECO und die ZeitImBild hat er es damit geschafft, aber geschehen ist bislang nichts.
Warum schläft die Politik? Warum melden sich viele andere Unternehmer:innen nicht ebenso lautstark zu Wort? Wer verdient wirklich am Energiepoker? Das Waldviertler Unternehmerehepaar und Produktionsleiter Erich Schober sprechen offen darüber in dieser Episode.
Die TVG ist übrigens das Schwesterunternehmen der HERKA Frottier Erzeugung in Kautzen, ebenfalls Waldviertel. Dort produzieren die Pfeiffers als wichtiger, grenzübergreifender Arbeitgeber Handtücher, Bademäntel und vieles mehr aus Biobaumwolle und sogar mit Zero Waste! Wenn ab 2023 bei TVG in Gmünd die Energiepreise voll einschlagen, gefährdet dies auch den Standort Kautzen. Man könnte meinen, den Verantwortlichen ist es egal, wenn wichtige Österreichs Klein- und Mittelbetriebe nach Covid19 wieder „auf der Rasierklinge reiten“.
Links zur Episode:
Ein Beispiel für einen heimischen Abnehmer der Veredelungsleistungen der TVG ist der Kärntner Sportwäscheerzeuger Carinthia – wenn keine Lösung gegen den Energiepoker in Sicht ist, muss dieser Kunde im schlimmsten Fall mit den Veredelungsaufgaben ins Ausland ausweichen, dadurch mehr Ressourcen verbrauchen, sich auf wackelige Lieferketten einlassen, die Preise ebenfalls anheben oder Produktlinien auflassen. Im Endeffekt schadet das immer … den Menschen. Egal, ob sie Unternehmen leiten oder dort arbeiten.
Falls nun jemand meint, meinem Gast Daniel Landau sei je langweilig, dann kann ich zur Beruhigung anmerken: ihm sicher nie! Denn der gebürtige Wiener, der eine Menge Talente in sich vereint – Lehrer, Gastronom, ansatzweise Politiker, Musiker und Dirigent, um nur einige zu nennen – hat immer wieder den Drang, die Welt ein wenig besser zu machen.
Ob das nun durch sein Kulturcafé Tachles im 2. Bezirk geschieht, durch den persönlichen politischen Einsatz oder einfach das spontan organisierte Lichtermeer am 19. Dezember 2021 (gemeinsam mit dem Innsbrucker Roman Scamoni) Landau ist stets in Bewegung. Trotzdem strahlt der sympathische Mittfünfziger Ruhe und Gelassenheit aus, die in Gesprächen für angenehm gesetzte Aussagen sorgen.
Die spontan organisierte Veranstaltung am Wiener Ring, die unter dem Motto #yeswecare als Gedenken an Österreichs Covid-Opfer und zugleich auch als herzlicher Dank an die vielen Menschen gerichtet war, die sich während Covid-19 für die Gesellschaft in allen möglichen Berufen mit hohem Einsatz und ebensolchem Risiko einsetzen, zog immerhin rund 30.000 Teilnehmer:innen und etwa 40 soziale Organisationen an. Die Lichter flammten in die Dezembernacht und nach nur 10 Minuten war der friedliche Moment auch wieder vorbei.
Die Veranstalter sahen diese Danksagung keineswegs als Kampfansage gegen die nimmermüden rechten Recken, die sich der verunsicherten Menge der Impfgegner:innen bedienen um „wieder da“ zu sein. Doch wurde es vielfach so aufgenommen, denn Netzfunde aus der impf-aversen Fraktion wie „über dieses Scheißlichtermeer wird breit berichtet und von unseren Demos redet kein Mensch“ legen nahe, dass Inklusion und gegenseitiges Verständnis durchaus nicht selbstverständlich sind.
Langweile kann rasch umschlagen
Die These dieser Folge Aus Gründen: Den Menschen war schon sehr lange politisch eher langweilig, die Reizschwelle kaum noch spürbar, denn Österreichs Mehrheiten hatte ja mit der Regierung Kurz alles bekommen: die verhassten Roten endlich weg, ein junger Startup-Politiker an der Macht, zuerst mit den wiedererstarkten Rechten der FPÖ und dann mit den wohlmeinenden Grünen – so ging’s durch die Zeit von Covid-19, die notgedrungen für das Individuum ein bisschen langweiliger war als früher.
Doch die bloße Ankündigung einer Impfpflicht schien das erlösende Signal zu sein, aus dem Kanon auszubrechen, das von endlosen Streamingabenden und Zoommeetings und Lockdowns erschöpfte Ego auf die Straße zu hetzen und neue Kraft zu sammeln. Egal wofür, Hauptsache mal dagegen. Oder wie man früher gern sagte: Geht’s dem Esel zu gut, geht er auf’s Eis tanzen. Von Eis kann leider keine Rede sein, eher von einem Brand in weiten Teilen der Gesellschaft. Weil Daniel Landau sehr besorgt ist, wird von #yeswecare mit hoher Wahrscheinlichkeit noch einiges zu sehen und zu hören sein. Ich halte ihm die Daumen.
Dazu die Presseaussendung der Landespolizeidirektion Wien:
Was zuallererst ins Auge fällt, wenn man Christopher Wurmdobler gegenüber sitzt, ist sein guter Stil. Wie sich der Autor und Journalist kleidet, vom angesagten Sneakermodell bis zum neckisch-indiviuellen Accessoire der Schiebermütze (Hüte trägt er von Mühlbauer und Leuchtfeuer), wie er spricht und welche Themen er gerne rasch anschneidet und welche erst später, das alles zeugt von gewählter Ausdrucksform und -weise.
Warum auch nicht? Meinen Gast und mich verbindet unter anderem auch das Geburtsjahr und man kann drüber behaupten, was man möchte: 1965 ist und bleibt ein ausgezeichneter Jahrgang, den manche gerne gedanken- und hilflos mit „Boomer“ definiert wissen möchten. Erstens irren sie und zweitens liegen sie falsch.
Denn Wurmdobler, der Wiener vom Bodensee, kann auch ganz anders. Sein Debütroman „SOLO“ (Czernin Verlag, 2018) ist eine goscherte, genaue und herrlich komische Beobachtung der hiesigen queeren Szene, die der, so Wurmdobler, „zur Genüge problembehafteten Queerliteratur“ einen humorvollen Kontrapunkt setzen wollte. Diese akustische Buchbesprechung gibt einen kleinen Eindruck von seiner Schreibweise.
Vom Sach- zum Lachbuch
Christopher Wurmdobler stammt ursprünglich vom Schwäbischen Meer, dem Bodensee und hat sich mit dem Studium der Theaterwissenschaften (sowie der praktischen Ausführung selbiger in Österreich und Deutschland), journalistischer Beschäftigung für die Arbeiterzeitung, Der Standard, den ORF, NEWS, knapp 20 Jahre als Stadtleben-Ressortleiter und freier Autor für den FALTER und auch Sachbuchautor einen guten Namen gemacht. Schreiben, spielen und ausprobieren – das liegt ihm einfach. So ist er auch Mitglied des Kunstkollektivs H.A.P.P.Y und Teil des Performanceteams von Nesterval.
Mit „Ausrasten“ legt Christopher Wurmdobler 2021 eins nach, nämlich ein wiederum vergnügliches Buch über Figuren seiner Wahlheimat Wien, die – so der doppeldeutige Titel – erahnen lassen, dass es „kompliziert, aber lustig“ wird. Denn Ausrasten kann man – oder sollte man, je nach dem, welchem energetischen Status das Wort gerade zugeordnet wird. Weil es im Leben eines Mittfünfzigers, so der fleissige Autor und „Aus Gründen“-Gast dieser Folge meist klüger ist, sich auszurasten, statt wegen Banalitäten auszurasten, darf viel reflektiertes Denken hinter den Worten von Christopher Wurmdobler vorausgesetzt werden.
Und dennoch kann er sich richtig schön über „die Leut’“ ärgern und wie ein junger Spund auf Wienerisch „in Saft geh’n“. Ein vergnügliches Stündchen Podcast über Bücher, Treppenlifte, die Prostata und ob man von sich ein Bild mit 80 Jahren hat.
Mit wie immer feinster Musik des Wiener Labels monkey.music – des Qualitätsanbieter schlechthin für Wiener Pop, Rock & Glam:
Eine Operettendiva, eine misanthrope Tierärztin, erfolglose Kunstschaffende, glücklos backende Mütter, schwule Tagediebe und allein reisende Neunjährige: Christopher Wurmdoblers Erzählungen versammeln außergewöhnliche Persönlichkeiten aus Wien, deren größte Gemeinsamkeit die Stadt ist, in der sie leben.
Tamara fängt etwas mit Toni an. Toni hasst Weihnachten, mag jedoch mit Arnold zur Mitternachtsmette im Stephansdom gehen, weil »die Männer auf der Bühne lustige Kostüme tragen«. Poldi verbindet Sex mit Immobilienbesichtigung, Susanne hasst Kunst, führt aber trotzdem eine Galerie. Kunsthistorikerin Ute berät Susanne fachlich und lässt sich von Tim modisch beraten. Tim verführt Darko und Darko wiederum den schwäbischen Lukas. Eva erwacht im Bett einer Sängerin und Beatrice sorgt dafür, dass überall der Strom ausgeht.
In kurzen und weniger kurzen, aber immer unterhaltsamen Erzählungen nimmt Christopher Wurmdobler seine Leserinnen und Leser mit in das turbulente Leben seiner Figuren.
Nach Christopher Wurmdoblers Erfolgsdebüt »Solo« folgt mit »Reset« ein humorvoller Roman über die größte Veränderung im Leben eines gealterten Fernsehstars, der mit seiner Vergangenheit aufräumt und sich selbst neu erfindet.
Karmen, über 50, knallhart und kinderlos, hat eine eigene Polit-Talkshow, gut bezahlte Werbeverträge und ist eine gefeierte Journalistin. Doch plötzlich passt ihr Fernsehgesicht nicht mehr in die Zeit, der Werbedeal wird gekündigt und sie verpatzt die Moderation einer Gala-Veranstaltung.
In einer Mischung aus Selbstdemontage ihrer öffentlichen Person und dem verzweifelten Versuch, auf sich aufmerksam zu machen, bricht sie in wenigen Tagen eine Menge äußerer und innerer Tabus.
Schließlich lässt Karmen sowohl die Großstadt als auch die glitzernde und oberflächliche Medienwelt hinter sich und begibt sich auf eine Zeitreise zurück zu ihren Wurzeln. Sie soll das Haus ihres verstorbenen Vaters räumen und landet mitten in der Provinz ihrer Kindheit. Doch ihr Heimatdorf hat sich verändert und auch Karmen verändert sich nach und nach und mehr, als sie je gedacht hätte.
Sie sind schwul, sehen gut aus und haben interessante Berufe. Sie leben ihr Leben in einer Welt zwischen abgedrehten Partys und bizarren Kunstevents, Konsum, Fitnesstraining und First World Problems. Aber irgendetwas funktioniert nicht mehr so wie früher …
David ist Mitte dreißig und Kinderarzt. Sein Freund ist etwas jünger, Architekt und hat das gemeinsame 200-Quadratmeter-Luxusloft geplant. Davids bester Freund Martin ist gerade fünfzig geworden und Landschaftsplaner. Dessen beste Freundin wiederum ist Bloggerin und selbst ernannte Schwulenmutti.
Außerdem gibt’s da noch Lena und Rita, die bald heiraten, Peter und irgendwie auch den jungen Ben. Doch dann verliebt sich die Schwulenmutti in einen Schwulen, David und sein Freund haben eine gröbere Beziehungskrise und die Hochzeit von Lena und Rita gerät zum perfekten Desaster.
Mit viel Ironie schreibt Christopher Wurmdobler über Freundschaft, Liebe und Sex, Körperkult, Älterwerden, Vorurteile und das schöne Leben in der queeren Wiener Großstadt-Blase, manchmal berührend, oft unglaublich witzig und immer so, dass man nicht aufhören kann zu lesen.
Als Hermann Seiwald in der Nacht vom 1. auf 2. Oktober 2021 mitten in Wien – genauer auf der Mariahilferstraße – nach einer Hoteleröffnungsparty ein Taxi besteigen wollte, wurde ihm dieses vom Fahrer verwehrt. Und auch vom nächsten und vom übernächsten Fahrer und so weiter. Er war weder angetrunken, noch unhöflich oder gar grob, nein: Hermann Seiwald war lediglich in seiner „Nebenberufskleidung“ unterwegs nach Hause. Denn neben dem Hauptjob in der Gastronomie absolviert der charmante Wiener auch gesellschaftliche Auftritte als Drag Queen. Und das hat mehrere Wiener Taxichauffeure im Jahr 2021 offenbar so verwirrt, dass sie ihrer Beförderungspflicht nicht nachkommen konnten. Einfach skandalös!
Geärgert, getwittert, gehört.
Hermann Seiwald ist ein friedliebender Mensch. Einer, der aus einer Zeit stammt, in der man einander leben liess. Wie etwa in den sagenumwobenen 80er Jahren, die aus einer biederen Nachkriegsgesellschaft, die gerade erschöpft von den hochpolitischen Siebzigern in eine Welt voll Glitzer, Disco, Pop, Drogen und auch sich auflösende Geschlechterdefinitionen hineindonnerte.
Das kommt manchem bekannt vor? Sicher, denn der moderne Ruf etwa nach non-binary Personen ist auf andere Art in den 80ern des 20. Jahrhunderts eine richtige Revolution gewesen. RTL-Moderatorin Hella von Sinnen „heiratete“ die Bundespräsidententochter Cornelia Scheel, bis ins letzte Kuhdorf las man heftige Ralph König-Comics (oder verfilmte sie mit Til Schweiger) in New York wütete das HIV-Virus unter schwulen Männern und insbesondere den Drag Queens (Filmtipp: Paris is Burning), wodurch Glitter und Elend plötzlich ganz nah beinander wohnten, die gesamte Musik- und Modebranche nahm die Darstellung von Frauen und Männern komplett auseinander und weltweit nahmen die Gay-Prides Fahrt auf. Es sah für die Akzeptanz individueller Lebensweisen verdammt gut aus.
Bis dann mit dem Jahrtausendwechsel die neoliberal gesteuerte Entsolidarisierung der Gesellschaft in Schwung kam. Und plötzlich hieß es für beispielsweise Menschen mit LGBTIQ Zugehörigkeit, um Toleranz zu bitten, statt die erkämpfte Akzeptanz weiterhin aufrechterhalten zu können.
Und das hat unser Gast in dieser Episode von Aus Gründen am 1. Oktober am eigenen, bunt gekleideten Leib erfahren müssen – was ihn zu sehr verärgerten Twitter-Postings veranlaßt hat.
Die Wirtschaftskammer und die Taxifahrer:innen
Hermann Seiwald twittert täglich und viel. Kritisch, frech, witzig. In diesem Fall hat er auf den Seiten mit dem blauen Vögelchen mal Dampf abgelassen. Und zu recht. Die von ihm getaggte Wirtschaftskammer hat tatsächlich und auch sehr fair und sachlich reagiert. Das hat auch zu einem persönlichen Austausch geführt, der vor allem eines gezeigt hat: Man ist sich der Problematik mit merkwürdigen Fahrer:innen bewusst und geht auch daran, dies zu ändern. Denn Wien ist eine weltoffene Stadt und das darf nicht an der Tür zum Fond eines Taxis enden. Wie die Geschichte weitergeht, wird sich daher in den nächsten Monaten weisen …
Unser Dank geht wieder an das Wiener Label monkey.music – für Wiener Pop, Rock & Glam in wie immer hervorragender Qualität:
Wer Hans Hirzabauer im kleinen oststeirischen Dorf Miesenbach beispielsweise auf der Straße, im Nah & Frisch-Laden oder bei anderer Gelegenheit trifft, darf sich immer einen freundlichen Gruß und, wenn man ins Gespräch kommt, auch stets eine kleine Geschichte erwarten. Denn die Liste der Tätigkeiten des 85-jährigen im Verlauf der Ortsgeschichte ist schier endlos.
Mit Ochsenkarren und viel Arbeit, aber ohne elektrisches Licht
Als Sohn einer Gast- und Landwirtsfamilie, 1936 im Dorf geboren, hat Hans Hirzabauer seine Bubenzeit mit Kriegswirren bis zur eigenen Haustür, Ochsenkarren statt Autos verbracht, aber noch lange ohne Elektrizität, Telefon oder Fernsehen. Wer in jenen Tagen zur Welt kam, musste einfach anpacken – ob man es wollte oder nicht, war Nebensache. Denn Landwirtschaft, Gasthaus und familiäre Verpflichtungen ließen keine Zeit für Spielen und Hobbys. Aber das hat Hans Hirzabauer nicht entmutigt, sondern nachgerade angespornt, ständig etwas Neues zu versuchen. Und mit Erfolg!
Felberstraße oder Dorfviertel – mehr als eine Million Kilometer im Taxi und Bus
Seine unternehmerische Ader hat Hans Hirzabauer mit dem Ankauf eines gebrauchten Taxis zu voller Blüte entwickelt – in den frühen Sechziger Jahren war er es höchstpersönlich, der die von allen herbeigesehnten Gäste aus Wien und Graz mit dem Wagen abholte und wieder nach dem Urlaub in Miesenbach zurückbrachte. Schätzungen zufolge hat er dabei locker dreißig Erdumrundungen auf den Schotter und später Asphalt gelegt. Die Steirer wußten sich halt immer schon zu helfen. Sein Sohn Reinhold hat daraus ein Busunternehmen gemacht, das nach wie vor Gäste chauffiert – heutzutage auch viele reiselustige Miesenbacher an andere schöne Orte.
Von Feuerwehr bis Musikverein
Hans Hirzabauers Engagement in Vereinen, Verbänden und der Gemeindepolitik hat besonders in der Freiwilligen Feuerwehr Miesenbach als Kommandant nachhaltig gewirkt. Beispielsweise wurden unter seiner Ägide das neue Rüsthaus erbaut und viele technische Neuerungen eingeführt – interessant aber ist, was er in dieser Episode über das Wehrleben in früheren Zeiten zu erzählen hat. Augen zu, Ohren auf und Zeitreise machen.
Unser Dank geht an die Runde der Freiwilligen Feuerwehr Miesenbach, deren Engagement das Interview mit dem Zeitzeugen Hans Hirzabauer möglich gemacht hat. In der Episode sprechen daher auch Christoph Mariacher, Gerald Arbesleitner, Helmut Maierhofer und Daniel Kern mit dem Jubilar, der just am 19.5.2021 seinen 85. Geburtstag feierte.
Wer sich für die Arbeit in der Freiwilligen Feuerwehr interessiert, kann sich entweder bei der örtlichen Feuerwehr informieren oder einem dieser Links folgen:
Es hat ein bisschen gedauert, bis Aus Gründen wieder Fahrt aufgenommen hat, aber die Covid-19 Lockdowns und Verordnungen ließen es erst kurz vor Ostern zu, sich mit der Wiener Loos Bar Betreiberin Marianne Kohn auf einen Podcast-Talk zu treffen. Innen die ungewohnt leere Bar, draußen vor der Tür das Take-Away-Publikum, eine unaufgeregte Stimmung, in der wir uns definitiv nicht über Gott, aber die Welt unterhalten haben.
Viele Titel umgeben die Aura der „wohl bekanntesten Barfrau Wiens“, die laut DIE WELT auch als „Königin der Nacht“ bezeichnet werden darf. Am ehesten trifft es aber ihr Lebensmotto Punk Forever. Die stets auf neue Abenteuer neugierige und lebenshungrige Schulabbrecherin machte in den Sechziger Jahren eine Lehrausbildung zur Filmcutterin, ging mit 16 Jahren dann in die römsiche Cinecittà und arbeitete für Pier Paolo Pasoliniund Federico Fellini. 1969 zurück in Wien folgte der Eintritt in die Gastro-Szene, die u.a. mit der Leitung des Club U4 oder des Café Europa für ihren legendären Ruf beim Publikum sorgten.
Seit 1994 leitet sie nun die von Adolf Loos gestaltete American Bar in Wien 1, in der sich … „die Prominenten wie die Hausmeister“ zu ihr in die enge Bar zwängten. Das sei „wie ein schlechter Film oder ein guter“, je nachdem. Was Marianne Kohn aber sonst noch alles so treibt – etwa eine eigene Modelinie unter dem Namen Povera zu vertreiben oder sich gemeinsam mit ihrer Tochter engagiert für Tierschutz in Österreich einzusetzen – und warum sie einfach alles definitiv entspannter als manch andere Zeitgenossen sieht – so manche Gräfin könnte darüber ein Operettchen singen – das kann man sich hier in launigen 42 Minuten anhören. Mit einer kleinen Triggerwarnung: Nichts für Hakliche.
Unser Dank geht wieder an das Wiener Label monkey.music – für Wiener Pop, Rock & Glam (und natürlich auch Punk) passend zurKönigin der Nacht:
Wer sich mit Tanja Paar auf ein Gespräch trifft, hat eine Fülle an Erfahrung mit ihrer liebsten Beschäftigung zu bewältigen: Dem Schreiben. Als Journalistin und Autorin für Tages- und Wochenzeitungen, Magazinen, Verfasserin ihres Blogs und vor allem ihrer zwei außergewöhnlichen Bücher, reiht sie unaufhörlich höchst lesbare Texte in ihrem Leben aneinander. Ihren Namen hat sie sich als Kulturredakteurin in der längst eingestellten Neue Zeit (jene „rote“ Grazer Tageszeitung, die unter anderem auch Günther Nenning, Atha Athanasiadis oder Gerhard Roth als Sprungbrett in die Medienwelt diente), in der Wochenzeitung FALTER oder als Reiseressortleiterin im DERSTANDARD gemacht.
Der Ehrgeiz, auch richtige Bücher zu schreiben, hat 2018 den Roman „Die Unversehrten“ hervorgebracht und belohnt ihre Leserschaft heuer mit dem jüngsten Werk „Die zitternde Welt“, beide im Haymon Verlag erschienen und auch dort neben dem gut sortierten Buchhandel online erhältlich. Tanja Paar wurde in Graz geboren, studierte Germanistik, Geschichte und Philosophie und arbeitete außer in Printmedien auch am Theater und Moderatorin. Heute lebt sie als freie Schriftstellerin in Wien. Wem übrigens die zarten Zwitschergeräusche im Hintergrund auffallen mögen, der hat sie entdeckt, die zarten Küken, die an jenem Podcastabend ihren ersten Lebenstag in einer Kartonbox vollendet haben und nun bereits in ihrem Heimatstall eifrig picken und spielen.
Unser Dank geht wieder an das Wiener Label monkey.music – für Wiener Pop, Rock & Glam, passend zu Ferne und Nähe:
Ein Buch über unsere Verletzlichkeit in Zeiten großer Umbrüche. Und über die Kräfte, die dabei in uns erwachen.
Kunstfertig verwebt Tanja Paar den unbändigen Lebensdrang einer Frau und das Schicksal einer Familie mit den Verwerfungen der Weltgeschichte. In ihrem Generationenroman führt sie an blühende und aufregende, aber von Umwälzungen bedrohte Orte: in das Osmanische Reichdes Fin de Siècle, ins Istanbul und die junge Türkei unter Atatürk, in den Irak des Ölbooms der 1930er. Ob damals oder heute – Tanja Paar stellt in ihrem aufwühlenden Roman eine Frage, die uns Menschen niemals loslässt: Wer bestimmt, welche Menschen wir werden? Sind es die Umstände? Oder wir selbst? Text: Haymon Verlag
Tanja Paar besticht in ihrem ersten Roman sprachlich wie kompositorisch mit einer Präzision, die selten ist. Sie erzählt eine Geschichte von Unglück, Eifersucht und Rache, die sich in der kleinsten Zelle unserer Gesellschaft abspielt – der Familie. Wie weit kann man gehen, wenn das eigene Glück auf dem Spiel steht? Ein intensives Buch mit ungeheurer Zündkraft, das Fragen durchexerziert, die Frauen und Männer im modernen Leben existentiell berühren.